Die Entstehungsgeschichte der „Schöpfung“ beginnt im Jahre
1795, als der 63- jährige Haydn von seiner zweiten Londoner Reise nach
Wien zurückgekehrt ist. Von dort brachte Haydn nicht nur große Begeisterung
für Händel, sondern auch das Textbuch eines unbekannten Verfassers
zu einem Oratorium mit, das den biblischen Schöpfungsbericht mit Partien
aus John Miltons Epos „Paradise lost“ („Das verlorene Paradies“)
verknüpft. Der englischen Sprache nicht genügend mächtig, ging
Haydn mit diesem Textbuch zu dem Wiener Baron Gottfried van Swieten. Dieser
höchst angesehe-ne Baron war Diplomat, Präfekt der kaiserlichen Hofbibliothek,
und begeisterter Liebhaber und Förderer der Musik, insbesondere der von
Bach und Händel. Soviel Respekt er Haydn als Kompo-nisten erwies, so konnte
es van Swieten, der selber mit einigen musikalischen Werken hervorgetre-ten
war, doch nicht lassen, sich dem großen Meister gegenüber als der
nicht nur gesellschaftlich Überlegenere zu produzieren. So notierte er
in seinem Textmanuskript zum Teil genaue Anweisun-gen, wie welche Stelle am
besten in Musik zu fassen sei. Haydns Souveränität zeigt sich nicht
zu-letzt darin, dass er, wo immer es ihm möglich schien, van Swietens Vorschläge
aufgegriffen und in ganz individueller Weise realisiert hat, sie aber schlichtweg
ignorierte, wenn sie mit seinen Vorstel-lungen unvereinbar waren.
Der Zeitraum der Komposition kann von Dezember 1796 bis Frühjahr 1798 angenommen
werden. Den 65-jährigen Meister kostete die Arbeit nach eigenem Zeugnis
allerdings viel Mühe. Dazu nicht im Widerspruch steht sein bekannter Ausspruch:
„Ich war auch nie so fromm, als während der Zeit, da ich an der Schöpfung
arbeitete. Täglich fiel ich auf meine Knie nieder und bat Gott, dass er
mir Kraft zur glücklichen Ausführung dieses Werkes verleihen möchte.“
„Gesponsert“ wurde die Komposition durch die „Gesellschaft
der assoziierten Kavaliers“, der die gesamte österreichische Hocharistokratie
angehörte und die regelmäßig musikalische Akademien veranstaltete.
Sie übernahm auch die Kosten der beiden ersten Aufführungen, die am
29. und 30. April 1798 im (heute nicht mehr existierenden) Palais Schwarzenberg
am Neuen Markt in Wien stattfanden. Die erste öffentliche Aufführung
wurde im Wiener Hoftheater am 19. März 1799 gege-ben und leitete den weltweiten
Siegeszug des Werkes ein.
„Die Schöpfung ist ein musikalisches Bilderbuch für groß und klein, in dem die Entstehung der Welt, der Gestirne und Gezeiten, Pflanzen und Tiere, aber auch die Würde des Menschen im Para-dies in einer Art geschildert wird, wie sie kein zweites Mal in dieser Weise mehr möglich ist“ so schreibt Leopold Nowak in seiner grundlegenden Haydn- Biographie.
Am Freitag, dem 8. Mai 2009, führt die Rellinger Kantorei Haydns „Schöpfung“ um 20 Uhr in der Rellinger Kirche unter der Leitung von Kantor Stefan Rasch erstmals auf. Begleitet wir sie von dem Barockorchester „Solamente Naturali“ aus Bratislava; Annemei Blessing-Leyhausen (Sopran), Henning Kaiser (Tenor) und Konstantin Heintel (Bariton) übernehmen die Solopartien.
Stefan Rasch