Aus dem Pinneberger Tageblatt 22. 5. 2006

Handwerklich nahezu übermenschlich
Von Eike Pawelko

Spritzig, elegant, handwerklich von einer fast übermenschlichen Perfektion: Schon mit dem allerersten Stück am Freitag schlug Oboist Joris van den Hauwe das Publikum in den Bann seiner zauberhaften Kunst. Eingebettet in das gewohnt präzise und empfindsame Spiel der Salzburger Solisten und des Twin Quartetts lieferte der Belgier eine atemberaubend virtuose Interpretation des Oboenkonzerts von Allessandro Marcello ab.

Mit weichen, vollen Klängen füllte er das Kirchenschiff zunächst mit einer zart-träumerischen Atmosphäre in den ersten beiden langsameren Sätzen, brannte im abschließenden Presto ein temperamentvolles Klangfeuerwerk ab. Bei dem unglaublichen Tempo der Komposition brachte der Solist es noch fertig, Ausdruck in sein Spiel zu legen – nach dem Marcello-Konzert wusste das begeisterte Publikum, warum van den Hauwe zu den besten Oboisten der Gegenwart gezählt wird. Und auch am zweiten Abend, traditionell im Zeichen der Klassik, verwöhnte der Belgier seine Zuhörer mit einer herausragenden Interpretation von Mozarts Oboenquartett A-Dur.

Flötist Marc Grauwels stand ihm allerdings nicht nach: Nach einem etwas verhaltenen Beginn überzeugte er durch die sprudelnde Heiterkeit und Eleganz, mit der er nicht nur das majestätische Flötenkonzert von Carl Philipp Emanuel Bach interpretierte. Souverän bewältigte er das rhythmisch anspruchsvolle Werk. Grauwels ließ seine Flöte Geschichten erzählen – in eine einzelne lang gezogene Note konnte er durch seine ausgereifte Technik ein Drama legen. Und selbst an der Grenze zur Wahrnehmbarkeit blies er fein ziselierte Klänge in den hohen Raum.

Nach diesen beiden hochklassigen Einzelleistungen konnte das Publikum in der an den beiden ersten Abenden gut besuchten Kirche beim gemeinsamen Auftritt in Domenico Cimarosas Konzert für Flöte, Oboe und Streicher in G-Dur ein akustisches Festmahl erwarten. Und die Musiker enttäuschten nicht: Vom Start weg gingen sie mit atemberaubendem Tempo ins Allegro. Das Duett der beiden Bläser gehörte zu den absoluten Sternstunden des ersten Abends: Keiner der beiden drängte sich mit seiner ausdrucksstarken Brillanz in den Vordergrund – jeder hörte auf den anderen, sie spielten hinreißend miteinander. Das wiederholten sie bei Franz Xaver Süssmeyers wunderbarem Quintett D-Dur: Gemeinsam mit den kongenial agierenden Luz Leskovitz (Violine), Elena Issaenkova (Viola) und Ingemar Brantelid (Cello) lieferten sie ein richtig schönes Stück Musik ab.

Kompliment auch an die Salzburger Solisten und das Twins Quartett: Perfekt aufeinander eingespielt, lieferten sie den Bläsern einen verlässlichen, harmonischen Rahmen, reagierten einfühlsam auf die gelegentlich clownesken Eigenheiten in den Interpretationen vor allem von Grauwels. Erst am zweiten Abend hatten die Musikerinnen des Twins Quartett die Bühne für sich: Mit Mozarts bezaubernd vorgetragenem Streichquartett in d-moll ließen sie ihre Klasse aufblitzen. Rellingens Kirchenmusikdirektor Wolfgang Zilcher, Freitag am Cembalo und Sonntag an der Orgel, stellte erneut sein Niveau unter Beweis: Nahtlos fügte er sich in das perfekte Spiel der internationalen Profis.

Zu den Höhepunkten des ersten Abends gehörte der Auftritt des erst 19-jährigen Cellisten Andreas Brantelid: Mit seiner ungemein dramatischen Interpretation von Joseph Haydns Cellokonzert C-Dur, von Moderator Uli Pleßmann als „eins der größten Cello-Werke der Musikliteratur“ angekündigt, riss er das Auditorium zu Bravo-Rufen und stehenden Ovationen hin.